I Never Promised You a Green Garden.
Jutta Wellenreuther; Kulturjournalistin

 

Spartenübergreifend: Die Land Art Projekte von Eva-Maria Lopez

Aus den Logos der weltweit größten Pflanzenschutzmittel- und Saatguthersteller hat Eva-Maria Lopez verschiedene Ornamente entwickelt. Diese Ornamente erinnern an dekorative Motive oder Mandalas, welche in der asiatischen Kultur unter anderem die Natur und den Kosmos symbolisieren. Die Künstlerin bedient sich hierfür bei den Bildmarken der Herstellerfirmen von Herbiziden und Saatgut. Aus diesen Logos gestaltet sie jeweils ein neues Symbol.

Auf den ersten Blick eine harmonische Angelegenheit. Doch die Idylle trügt.

Denn die Logos, aus denen Eva-Maria Lopez ihre Ornamente gestaltet, meist florale Motive, Blätter und Knospen, symbolisieren zwar das Wachstum und verstärken somit die entsprechenden Slogans der Firmen, wie zum Beispiel: „Wachstum für eine bessere Welt“. Doch diese Art von Wachstum hat eine Kehrseite, die zu Lasten unserer Ressourcen geht. Die modernen Herbizide kontaminieren Boden und Wasser und gefährden unser fragiles Ökosystem.

Die Ornamente, welche Eva-Maria Lopez gestaltet, sollen irritieren. Sie geben einen visuellen Zugang zur Problematik der Nutzpflanzenforschung, der sogenannten Crop Science Division, und bieten so die Möglichkeit zur Diskussion auf einer anderen Ebene.

 Die Inspiration dazu bekam die Künstlerin, die in Paris und Karlsruhe lebt, durch die Beschäftigung mit französischen Barockgärten sowie arabischen und klösterlichen Gartenanlagen, in denen sich Ornament und Garten trifft. Besonders prägend war im 17. Jahrhundert der oberste Gartenarchitekt Ludwigs XIV., André Le Nôtre, der den Stil des französischen Barockgartens konzipierte.

 Eva-Maria Lopez, die außer Kunst auch Agrarwirtschaft studiert hat, arbeitet hier spartenübergreifend. Bewusst setzt sie Zeichnungen und Landschaftsarchitektur in einen visuellen Dialog. Ihre Ornamente sind deshalb nicht nur als Grafik zu betrachten, vielmehr werden sie als „Land Art Projekt“ in der Natur umgesetzt.

 Radikale Verkürzung in der Abstraktion

Inhaltlich hinterfragt die Künstlerin mit ihrer Arbeit die Firmenethik der großen Hersteller von Herbiziden und genmanipuliertem Saatgut. Sie macht mit ihren Arbeiten auf Papier und in der Natur aufmerksam auf die Gefahren der sogenannten Crop Science Division. „I Never Promised You  a Green Garden.“ entlarvt die idealisierte Darstellung aus der Werbung und zeigt die tatsächliche Wirklichkeit in ihrem oft krassen Gegensatz.

Schon bei einem ersten Betrachten der Arbeiten auf Papier gibt die gleichsam kühl konzipierte Anordnung der symmetrischen Ornamente bereits subtile Hinweise auf die kommunikative Strategie sowie die Firmenidentität der Hersteller. Denn jede dieser Herstellerfirmen transportiert ihre Inhalte nicht zuletzt mittels einer eigenen Firmenethik. Und diese verspricht den Landwirten dann nicht nur eine „neue grüne Welt“, sondern auch den ganz besonderen ökonomischen Erfolg.

Doch das wahre Versprechen der Herbizide lautet: „I promise you a clean garden.“

Diesen Widerspruch macht Eva-Maria Lopez in ihrer Kunst visuell erlebbar.

Betrachtet man die Ornamente der Künstlerin intensiver, stellt sich ein Gefühl von Irritation ein: Die stilisierten Blüten, die schematischen Zweige, die ebenmäßigen Quadrate passen nicht wirklich zu einem Garten. Liest man die Legende der abgebildeten Logos, kommt es zu einer Art „Aha-Effekt“: Der Kreis ist von Bayer, der Zweig von Monsanto, das Quadrat von BASF, die Blätter von Vibrance und das einzelne Blatt von Syngenta!

In den naturgrünen Mandalas, aufgebracht auf einem grünen Feld oder in einem grünen Park trifft die künstlerische Aussage dann direkt auf die Natur. Das eingebrannte Motiv ist lange sichtbar. Hier wächst buchstäblich fast nichts mehr.

Eva-Maria Lopez hat ein eigenes Branding vorgenommen, in einer besonderen, doppeldeutigen Weise. Die Künstlerin transformiert somit die Firmenphilosophie der Herstellerfirmen in die Realität. Indem sie ein von ihr gestaltetes Ornament gleichsam in die Natur einbrennt, zeigt sie die Wirkung der Herbizide in einer radikalen Verkürzung als Abstraktion.

Eva-Maria Lopez macht es augenscheinlich: Der Preis für die „neue grüne Welt“ ist hoch und das Wissen darüber längst in der Welt. Es stellt die Menschen vor ethische Herausforderungen in einer neuen Dimension.

Heute ist die Diskussion über Glyphosat allgegenwärtig.

Eva-Maria Lopez hat eine eigene, visuelle, künstlerische Sprache gefunden, die verstanden wird, um das Ausmaß der Herausforderung zu begreifen, vor die uns Glyphosat und  andere Pflanzengifte stellen.

works